Varikosis und Chronisch venöse Insuffizenz

Varikosis, Chronisch Venöse Insuffizienz (CVI) und Postthrombotisches Syndrom (PTS)

Als Varikosis („Krampfaderleiden“) bezeichnet man die sackförmige Dilatation der Venen des epifascialen Venensystems, der sogenannten Stammvenen (V. saphena magna und parva) sowie ihrer Seitenäste. Die Varikosis ist eine häufige Erkrankung, ca. 50% der Bevölkerung weisen Varizen auf.

Atiolögisch unterscheidet man die häufige primäre Varikosis von der selteneren sekundären Varikosis, wie sie zum Beispiel nach einer tiefen Beinvenenthrombose im Rahmen eines postthrombotischen Syndromes (pathologischer Residualzustand mit Defektheilung nach TVT) auftreten kann.

Die Stammvarikosis von Vena saphena magna und parva ist die häufigste Ursache der Chronisch Venösen Insuffizienz (CVI).

Pathophysiologie Varikosis / CVI

Gesunde epifasciale Venen transportieren das Blut von peripher nach zentral und dann über das tiefe Venensystem zum Herzen. Liegen Klappeninsuffizienzen vor oder besteht z.B. eine Obstruktion des tiefen Venensystems, so entsteht der pathologische „Reflux“, das Blut fließt in entgegengesetzer Richtung nach peripher und gelangt über sogenannte Insuffizienzpunkte (zum Beispiel die Mündungsklappen im Bereich der Crosse – Klassifizierung „Hach I“, s.u.) vom tiefen in das epifasciale Venensystem, welches an Volumen überladen wird und nicht zuletzt dadurch weiter insuffizient wird. So entsteht eine deszendierende Varikosis. Selten stellen die Perforansvenen den eigentlichen Insuffizienzpunkt dar.

Klinik der Varikosis und der CVI

Klinisch reichen die Beschwerden von Schwere- und Spannungsgefühl durch Ödeme, nächtlichem Brennen und Jucken, stechenden Schmerzen, Stauungsdermatitiden mit Rötung, Juckreiz und bakteriellen  Superinfektionen bis hin zum manifesten Ulcus cruris venosum mit Sklerosierung von Haut, Unterhaut und Fascie (sog. Dermatolipofascioklerose). Im Endstadium kann dies  zur Gelenksteife insbesondere im oberen Sprunggelenk führen (Ulcus in der sogenannten Bisgaard`schen Kulisse, arthrogenes Stauungssyndrom).

Einteilung der Stammvarikosis (VSM/VSP) nach Hach

Das distalste refluxive Segment legt dabei das Hach-Stadium fest:

Hach I: nur die terminale Klappe der VSM in der Leiste (Crosse) ist insuffizient, die restliche Vene ist gesund. Seitenastvarizen in der Leiste sind möglich.

Hach II: die Klappen der VSM bis zum mittleren Oberschenkel sind defekt

Hach III: die Klappeninsuffizienz der VSM reicht bis unter das Knie

Hach IV: die gesamte Vena saphena magna ist bis zum Sprunggelenk klappeninsuffizient

Einteilung der CVI nach der CEAP – Klassifikation

In die CEAP-Klassifikation gehen die Angaben zu Klinik (C), Ätiologie (E), Anatomie (A) und Pathophysiologie (P) ein.

In Bezug auf die Klinik (C) beschreiben Besenreiser und sichtbare Varizen die Stadien C1-2, im Stadium C3-5 liegen Varizen mit Ödem, Hautveränderungen, z.B. Hyperpigmentierung durch Hämosiderineinlagerung oder abgeheilte Ulcerationen vor. Im Stadium C6 besteht ein florides Ulcus cruris venosum. Eine Therapieindikation (konservativ/operativ) besteht ab dem Stadium C2.

Anamnese

Neben den oben aufgeführten klinischen Beschwerden, die den Leidensdruck des Patienten beschreiben und letztlich über eine Therapieindikation entscheiden sollten, sind auch Fragen nach sportlicher Betätigung und beruflicher Tätigkeit wichtig (z.B. langes Sitzen beim LKW-Fahrer!). Essentiell ist die Frage nach Thrombosen und Thrombophlebitiden als Ursache für sekundäre Varizen. Liegt eine Thrombosierung des tiefen Venensystems vor, so kann es ein fataler Fehler sein, eine konsekutiv refluxive Vena saphena magna zu strippen, da sie eventuell den notwendigen Kollateralkreislauf darstellt!

Auch die Frage nach kosmetischer Beeinträchtigung des Patienten durch die Varikosis ist oftmals wichtig.

Diagnostik

Neben der genauen Inspektion (Varizen? Ödeme? Abgeheilte oder floride Ulcera? Kratzspuren? Melanotische Hyperpigmentierungen? Bakterielle Superinfektionen? Allergische (Kontakt)Ekzeme? Corona phlebectatica paraplantaris? Athrophie blanche?) ist der Goldstandandard der Varikosisdiagnostik der farbkodierte Ultraschall am stehenden Patienten. Ergänzt kann diese Untersuchung werden durch die Lichtreflexionsrheographie, Venenverschlussdruckmessungen, Phlebodynamometrien oder Phlebographien, z.B. auch im Rahmen einer MR-Phlebographie.

Ultraschall

Mit dem farbkodierten Ultraschall (FKDS) werden das oberflächliche Venensystem (VSM, VSP, Seitenäste), das tiefe Venensystem (VF, VPop) sowie die verbindenden Perforansvenen (Vv. perforantes) vorzugsweise am stehenden Patienten untersucht. Durch Kompressions- oder Atemmanöver (Valsava, Räuspern, Husten) werden refluxive Venensegmente und insuffiziente Klappen detektiert. Dies gilt auch für das tiefe Venensystem. Perforansvenen sollten ab einem Durchmesser von ca. 3-4mm näher auf Reflux untersucht werden.

Ich bin ein Textblock. Klicken Sie auf den Bearbeiten Button um diesen Text zu ändern. Lorem ipsum dolor sit amet, consectetur adipiscing elit. Ut elit tellus, luctus nec ullamcorper mattis, pulvinar dapibus leo.

Therapie von Varikosis und CVI

Generell besteht eine Indikation zur Therapie der CVI ab dem Stadium C2 nach CEAP.

Konservativ

Die „Bausteine“ der konservativen Therapie bestehen im Wesentlichen aus dem konsequenten, täglichen Tragen rundgestrickter medizinischer Kompressionsstrümpfe ab Kompressionsklasse KKL 2 (23-32 mmHg Kompressionsdruck), Hautpflege und speziellem Venensport. Ferner natürlich wundtherapeutischer/antiseptischer und antibakterieller Massnahmen im Falle von Ulcerationen. 

Operativ

Die klassische Varizen-Operation besteht aus dem sog. „Strippen“ der Stammvene als Babcock- oder Invaginationsstripping mit einer Sonde in Kombination mit der Crossektomie, d.h. der Ligatur sämtlicher in der Crosse einmündender Äste (für die Leiste: Vena epigastrica superficialis, Vena pudenda externa, Vena circumflexa ilium superficialis, Vena saphena accessoria anterior und posterior, Absetzen der Stammvene), der Exhairese der Seitenäste und der Ligatur der Perforansvenen.

Wichtige Prinzipien sind dabei neben einer strengen Indikationsstellung ein stadiengerechtes Strippen nach Hach und ein Strippen von proximal nach distal. Auf eine Verletzung des Nervus saphenus (chronische Schmerzen!) muss stets geachtet werden.

Phlebochirurgische Spezialkliniken führen auch venenerhaltende Blutflusskorrekturen  (CHIVA) und Valvuloplastiken als operative Massnahmen durch.

Endovenös-thermisch

Mittels Radiofrequenzablation (Venefit, Closure fast), Laser (EVLA) oder heissem Wasserdampf können die varikösen Stammvenen innerlich verödet und sklerosiert werden.

 Endovenös-nicht thermisch

Hier führen Schaum- oder Flüssigkeitssklerosierungsmittel ggf. in Kombination mit einer mechanischen Reizung zur innerlichen Intimaalteration und Sklerosierung/ Thrombosierung (Clarivein, Closure) der klappeninsuffizienten Vene.

Transcutaner Laser

Besenreiser können gut mit dem transcutanen Laser verödet werden.

Sämtliche oben angeführte Verfahren bieten hinsichtlich postinterventionellem Schmerz, Lebensqualität und Nachhaltigkeit (z.b. Rezidivvarikosis) Vor – und Nachteile. Dies ist Gegenstand ständiger Studien und Diskussion und oftmals eine Glaubensfrage. Auch Kombinationen einzelner endovenöser Verfahren mit klassischen operativen Komponenten (z.B. einer Crossektomie) sind möglich und oftmals Praxis.

Postthrombotisches Syndrom (PTS)

Als „Postthrombotisches Syndrom“ bezeichnet man einen pathologischen Residualzustand nach Defektheilung nach stattgehabter tiefer Beinvenenthrombose mit persistierender Obstruktion oder venöser Klappeninsuffizienz durch Schaden oder Vernarbung.

Insbesondere nach iliofemoraler Venenthrombose ist es zu beobachten. Ca. 25% aller Patienten mit einer TVT entwickeln binnen drei Jahren ein postthrombotisches Syndrom.

Die Klinik entspricht der chronisch venösen Insuffizienz (CEAP-Einteilung), therapeutische Massnahmen bestehen in der Kompression, ggf. Behandlung der persistierenden venösen Obstruktion (z.B. durch spezielle venös iliacal platzierte Venenstents (z.B. Fa. Optimed: Sinus venous stent) oder venöse Überbrückungsoperationen im Einzellfall (z.B. Palma OP)) sowie der klassischen Varizenchirurgie.

Die intiale Kompressionstherapie bei Diagnosestellung „Tiefe Beinvenenthrombose“ hat den Sinn, das postthrombotische Syndrom zu vermeiden.